Politisches Dossier Umwelt

Die Umwelt ist ein entscheidender Faktor für den Gemüsebau. Die Gemüseproduktion ist von einer gesunden Produktionsgrundlage abhängig. Sowohl Boden, Wasser, aber auch das Klima entscheiden über das langfristige Bestehen der Branche. Gleichzeitig behindern hohe Umweltauflagen eine wirtschaftliche Produktion und widersprechen sich oder anderen Zielvorgaben.

Viele der politischen Dossiers in diesem Themenkreis sind mit dem Kultur- bzw. Pflanzenschutz verbunden. Pflanzenschutzmittel (PSM) stehen vermehrt in der Kritik, nicht zuletzt wegen der Qualität der Gewässer. In der Öffentlichkeit und der Politik geht oft vergessen, dass Pflanzenschutzmittel in allen Produktionsformen (inkl. Bio) zur Anwendung kommen. Eine Reduktion des PSM-Einsatzes birgt die Gefahr von Resistenzen bei den Schädlingen und Qualitätseinbussen, wobei letzteres zu mehr Foodwaste führen würde.

Der Einsatz von PSM könnte langfristig durch die Züchtung von resistenteren Pflanzen reduziert werden. Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind vorläufig gesellschaftlich nicht gewollt und entsprechend kritisch dürfte die öffentliche Meinung auch über die Neuen Pflanzenzüchtungsverfahren (NPZV) sein. Der VSGP hat gegenüber NPZV eine offene Haltung.

Pflanzenschutzmittel (PSM)

Schweizer Gemüse ist heute so gesund und so qualitativ gut wie noch nie. Damit dies so bleibt, stellt sich die Produktion vielen Herausforderungen im Bereich Pflanzenschutz. Die Kernanliegen des VSGP in diesem Bereich sind:

  • Beurteilung der Risiken von Pflanzenschutzmitteln nach wissenschaftlichen Grundlagen.
  • Vereinfachte, raschere Zulassungsverfahren für PSM, wenn ein Mittel im nahen Ausland (EU) bereits zugelassen ist.
  • Diskussion über Pflanzenschutzmittel auf Ebene Risiken und Toxizität und nicht über Begriffe wie synthetisch, natürlich, chemisch etc.
  • Reduktion und Beseitigung von Indikationslücken, gutes Resistenzmanagement.
  • Sicherstellung einer guten Ausbildung, Beratung und Forschung zur Entwicklung und Umsetzung alternativer Pflanzenschutzstrategien.
  • Problemlösungen gemeinsam mit den Behörden und der Produktion ausarbeiten.
  • Verbesserung der Information gegenüber der Öffentlichkeit.
  • Reger Austausch mit Forschung und Pflanzenschutzmittelfirmen, um Pflanzenschutzprobleme gezielt anzugehen.

Aktionsplan Pflanzenschutzmittel

Der VSGP unterstützt den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel und die Übernahme dessen Kernelemente in die parlamentarische Initiative 19.475. Eine Reduktion der Risiken in der PSM-Anwendung ist im Sinne der Gemüsegärtner. Der VSGP ist interessiert an einem aktiven Dialog zwischen allen Anspruchsgruppen. Dabei verfolgt der Verband folgende Anliegen:

  • Weiterhin die Versorgungssicherheit mit qualitativ hochstehenden Produkten sicherstellen können
  • Schutz des Menschen
  • Schutz der Kulturen
  • Schutz der Umwelt
  • Sicherstellung einer guten Aus- und Weiterbildung, öffentlichen Beratung und praxisorientierten Forschung bez. Strategien zum Schutz der Kulturen
  • Sicherstellung des Wissenstransfers zwischen Forschung, Beratung und Praxis
  • Sicherstellung der finanziellen und personellen Ressourcen für eine sinnvolle Umsetzung des Aktionsplans

Parlamentarische Initiative 19.475

Die parlamentarische Initiative «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» ist als informeller Gegenvorschlag zur Trinkwasser- und zur Pestizidverbotsinitiative gedacht. Mit den gesetzlichen Änderungen wollen National- und Ständerat Oberflächengewässer, naturnahe Lebensräume und das Grundwasser/Trinkwasser besser vor Pestiziden schützen und die Nährstoffverluste senken.

Position des VSGP zum Aktionsplan PSM und PaIv 19.475:

Der VSGP unterstützt den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel (PSM) und die Übernahme dessen Kernelemente in die PaIv 19.475. Eine Reduktion der Risiken in der PSM-Anwendung ist im Sinne der Produzenten.

Im Verordnungspaket werden Massnahmen vorgeschlagen, welche aus Sicht des VSGP nicht zur Erfüllung der PaIv 19.475 dienen und somit nicht dem parlamentarischen Auftrag entsprechen. So haben zum Beispiel Biodiversitätsförderflächen nichts mit der Reduktion von Pflanzenschutzmittel zu tun. Der Vorschlag entspricht nicht dem Auftrag, den der Bundesrat vom Parlament erhalten hat. Zudem ist eine Streichung der Fehlertoleranz bei der Phosphorbilanz zu diesem Zeitpunkt verfrüht. Zuerst müssen die Ergebnisse der Motion WAK-S «Anpassungen der Suisse-Bilanz und deren Grundlagen an die effektiven Verhältnisse» abgewartet werden. Des Weiteren ist eine Fixierung von Daten für Hauptkulturen ist für den Gemüsebau nicht umsetzbar. Es gibt diverse Kulturen, welche erst nach dem 1. Juni angelegt werden.

Stellungnahme

Neue Pflanzenzüchtungsverfahren (NPZV)

In den letzten Jahren wurden diverse neue Pflanzenzüchtungsverfahren entwickelt, welche in das Genom der Pflanzen eingreifen. Die EU und die Schweiz tun sich schwer für diese Verfahren ein geeignetes, rechtliches Gefäss zu finden. Die Ethikkommission des Bundes will eine strenge Regelung, unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips, für Pflanzen, welche nach diesen Verfahren gezüchtet wurden. Es bleiben viele Unklarheiten:

  • Fallen die NPZV in der Schweiz und in der EU unter das Gentechnikgesetz?
  • Gibt es für NPZV eine eigene Regelung?
  • Werden NPZV wie herkömmlich gezüchtete Kulturpflanzen gehandelt?
  • Was passiert, wenn die EU andere Regeln erlässt als die Schweiz?

Es existieren Technologien, die eine sehr präzise Veränderung des Genoms von Pflanzen ermöglichen. Die vielversprechendste und kostengünstigste Methode ist das «Genome Editing». Mit dem Aufkommen dieser neuen Züchtungstechnologien wird die Auslegung und Anwendung des Gentechnikgesetzes (GTG, SR 814.91) schwieriger. Der Bundesrat schuf in seinem Entscheid vom 30. November 2018 die Grundlagen für eine Anpassung des bestehenden Rechts an die Gentechnologien der neusten Generation.

Der VSGP fordert, dass bis spätestens zum Ablauf des Moratoriums Klarheit bezüglich der rechtlichen Einordnung neuer Pflanzenzüchtungsverfahren geschaffen wird.

Kernanliegen und Position VSGP

  • Der VSGP pflegt grundsätzlich gegenüber neuen Züchtungsmethoden eine offene Haltung. 
  • Chemische Ansätze zum Schutz der Kulturpflanzen werden künftig weiter eingeschränkt werden, biologische Ansätze kommen an ihre Grenzen, weshalb züchterische Ansätze zur Erhaltung eines qualitativ einwandfreien Produkts stark an Bedeutung gewinnen werden.
  • Der Schweizer Gemüsebau ist von den Entwicklungen ausländischer Züchtungsfirmen abhängig.
  • Klare rechtliche Situation.
  • Akzeptanz des Konsumenten muss vorhanden sein oder gewonnen werden können.
  • Agronomischer, ökologischer, ökonomischer Nutzen soll vorhanden sein.
  • Die Gute Agrarpraxis muss mit dem Anbau neuer Sorten weiterhin umgesetzt werden.
  • Eine Deklaration von NPZV auf Nahrungsmitteln wird abgelehnt.

Torfausstiegskonzept des Bundes

Der Bundesrat hat 2012 das Torfausstiegskonzept verabschiedet. Darin ist ein zweistufiges Vorgehen zum vollständigen Torfausstieg festgehalten:

  1. Reduktion durch Umsetzung freiwilliger Massnahmen. Politischer Einsatz auf internationaler Ebene zur Reduktion der Torfverwendung.
  2. Handelspolitische Massnahmen. Die Voraussetzung dazu ist, dass qualitative gute Torfsubstitute für den überwiegenden Bereich des Gartenbaus vorhanden sind. Der Zeitrahmen beträgt ca. 20 Jahre.

Die Gemüseproduktion ist offen für Alternativen für Torf. Der Bio-Anbau zeigt, dass Torf durch Kompost oder andere Substrate ersetzt werden kann. Trotzdem ist mit den heutigen Techniken bei der professionellen Jungpflanzenproduktion kein vollständiger Verzicht auf Torf möglich. Jede Reduktion des Torfanteils ist immer mit gewissen Qualitätseinbussen verbunden und verteuert die Produktion. Die Verfügbarkeit von qualitativ guten Torfersatzprodukten muss zwingend gewährleistet sein. Die marktpolitischen Rahmenbedingungen müssen fair sein. Wird der Torfeinsatz in der Schweiz reguliert, müssen diese Auflagen ebenfalls für das importierte Pflanzgut gelten. Nur so bleibt die Schweizer Jungpflanzenproduktion konkurrenzfähig und kann allfällige Massnahmen unterstützen.

Der grösste Teil der Jungpflanzen wird aus dem europäischen Ausland importiert. In der Torfdiskussion nimmt die Schweiz derzeit eine Vorreiterrolle ein. Es ist fraglich, ob die ausländischen Jungpflanzenproduzenten ihre Praxis für den kleinen Schweizer Markt anpassen. Die Gesetzgebung darf nicht zu einem Versorgungsengpass mit Jungpflanzen führen.